POTSDAM - AUF DEUTSCH-DEUTSCHEN WEGEN - EINE GESCHICHTSREISE VON DER TEILUNG BIS ZUR EINHEIT
Der Schauspieler und Autor Sebastian Stielke führt uns durch seine Wahlheimat und blättert akustisch im Buch der Geschichte.
Sebastian bildet akustisch das rote Band zwischen unseren Stationen in Potsdam. Zu Beginn der Radioreise drehen wir die Uhren auf das Jahr 1945 zurück. Noch tobt der Zweite Weltkrieg. Als sich im Februar die Staatschefs der Sowjetunion, der USA, Großbritanniens und Frankreichs auf der Halbinsel Krim, in Jalta, trafen ging es um eine friedliche Weltordnung. Doch weniger als ein halbes Jahr später, als Truman, Churchill und Stalin in Potsdam, auf Schloss Cecilienhof zusammenkamen, zog schon der Kalte Krieg herauf.
Der sowjetische Staatschef, Diktator Stalin, versuchte, die vom Faschismus befreiten und nun sowjetisch besetzten osteuropäischen Länder unter kommunistische Kontrolle zu bringen. So war die Ausgangslage an dem Ort, den wir in den ersten Etappen der Radioreise besuchen, das Schloss Cecilienhof. Matthias Simmich, der Schlossbereichsleiter, führt uns durch dieses Anwesen, welches mitten im Park an traumhaftem Ort gelegen ist.
Matthias Simmich erinnert im Radioreise-Rundgang zunächst an die Geschichte des Schlosses. Es wurde in den 1920iger Jahren im Neuen Garten im englischen Landhausstil errichtet.
Cecilienhof ist der letzte Schlossbau der Hohenzollern. Kaiser Wilhelm der Zweite ließ die Residenz für seinen ältesten Sohn, Kronprinz Wilhelm, errichten. Bis 1945 lebte hier das letzte deutsche Kronprinzenpaar Wilhelm und Cecilie von Preußen.
Da Cecilie von den großen Dampfern jenerzeit schwärmte, ließ sie sich ihren Traum in Form dieser Schiffskabine im Schloss verwirklichen.
Während der Potsdamer Konferenz gehörte dieses Zimmer zum Arbeitsbereich des sowjetischen Machthabers Stalin. Dessen Hauptbüro im Schloss haben wir uns im Podcast ausführlich beschreiben lassen.
Das Gipfeltreffen der Staatschefs ist bei der Potsdamer Konferenz von Misstrauen auf allen Seiten geprägt. Churchill sieht den sowjetischen
Machtzuwachs in Mitteleuropa mit großer Sorge. Er hat Angst, dass die
Amerikaner die Briten in Europa allein mit den "Russen" zurücklassen.
Stalin hingegen fühlt sich von den Westalliierten verraten, weil sie im März in der Schweiz mit dem Nazi-Regime über eine deutsche Kapitulation in Italien verhandelt hatten. Als die USA nach dem Sieg über den Faschismus die Hilfslieferungen an die Sowjetunion stoppen, spricht Stalin von einem "unfreundlichen Akt".
Doch äußerlich sieht es nach Harmonie aus, gerade bei den Stehempfängen im Schloss Cecilienhof.
Am Verhandlungstisch saßen außerdem die Außenminister der jeweiligen Staaten: James Francis Byrnes für die USA, Wjatscheslaw Molotow für die Sowjetunion sowie Anthony Eden für Großbritannien, der später durch Ernest Bevin abgelöst wurde. Diesen Blick hatten die hohen Herren bei ihren Besprechungen.
An diesem Tisch wurde die Schlusserklärung der Potsdamer Konferenz ausgehandelt.
Im Radioreise-Rundgang erklärt Matthias Simmich die fünf so genannten D-Beschlüsse im Potsdamer Abkommen.
Wir finden, es ist auch jetzt Zeit für große friedensstiftende Konferenzen...
Das Gebiet zwischen Glienicker Brücke und Cecilienhof im Neuen Garten ist eines der beliebtesten Ausflugsziele für Potsdamer und Gäste der Landeshauptstadt.
Eine ruhige, friedliche, scheinbar sorglose Gegend. Nicht jeder wird sich daran erinnern, dass wenige Meter von hier der eiserne Vorhang verlief.
Wir radeln vorbei an der Villa Schöningen, einem Museum für zeitgenössische Kunst. Das Haus liegt direkt an der Glienicker Brücke.
Vor der Villa erinnert ein Stück Berliner Mauer an die zementierte Teilung.
Zwischen Potsdam und Berlin, am Südwestrand der deutschen Hauptstadt, liegt eine der reizvollsten Landschaften. Die Glienicker Brücke verbindet heute Berlin und Potsdam. Zu DDR-Zeiten wurde sie zwar "Brücke der Einheit" genannt, stand aber auch als Brücke der Teilung. Sie war legendärer Schauplatz während des Kalten Krieges. Denn über die Brücke tauschten die USA und die Sowjetunion gegenseitig Spione aus. An diesem imposanten Bauwerk über die Havel erinnern wir an die Zeiten des Kalten Krieges.
Gleichzeitig genießen wir den Blick über die Potsdamer Kulturlandschaft auf die Heilandskirche Sacrow. Sie liegt unterhalb des kleinen Sacrower Schlosses und gehört zu dessen Schlosspark, den der Gartenkünstler Peter Joseph Lenné Mitte des 19. Jahrhunderts umgestaltet hatte. Heilandskirche und Schloss wurden nach der Wende in den 1990er Jahren restauriert und sind Teil der Potsdamer Havellandschaft, die von der Pfaueninsel bis nach Werder reicht und mit ihren Schlössern und Gärten als Ensemble seit 1990 als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO steht.
Auf der von Potsdam aus gesehen rechten Seite der Brücke schweift unser Blick in den Park Babelsberg.
Mit Potsdam-Guide Sebastian Stielke radeln wir zu einem Ort, der seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges fast fünf Jahrzehnte lang Sitz der sowjetischen Militär-Spionage-Abwehr in Ostdeutschland war.
Das so genannte „Militärstädtchen Nr.7“ mit seinem Untersuchungsgefängnis und der Kommandozentrale sind Stationen auf diesem Weg der Geschichte.
Die zentrale Verwaltung der Militärspionageabwehr befand sich im
ehemaligen Kaiserin-Augusta-Stift, weniger als 200 Meter vom Gefängnis in der Leistikowstraße entfernt. Von hier aus koordinierte die Spionageabwehr mehr als 40 Jahre lang
alle Geheimdienstaktionen auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR.
Im Nachbargebäude des Gefängnisses, in der Leistikowstraße hatte die Untersuchungsabteilung ihren Sitz. Hier wurden Verdächtige verhört. Es wurden auf der Grundlage sowjetischer Gesetze und Erlasse hohe Haftstrafen und sogar Todesurteile verhängt.
Auch der nächste Gebäudekomplex unserer Potsdam-Tour spiegelt dunkle Geschichte wieder – die Gedenkstätte in der Potsdamer Lindenstraße.
Das Vorderhaus der Lindenstraße wurde noch Mitte des 18. Jahrhunderts im Auftrag von König Friedrich Wilhelm dem Ersten als barockes Stadtpalais errichtet. Neben dem Stadtschloss galt das „Große Holländische Haus“ als eines der prächtigsten Wohngebäude in Potsdam. In preußischer Zeit zog das Stadtgericht und Gefängnis in das Gebäude. Ein Gefängnis blieb es später über viele Jahrzehnte – in zwei ganz unterschiedlichen Staatsformen, die aber beide als Diktatur bezeichnet werden können, ohne sie auch nur im Ansatz gleichzustellen. Bildungsreferen Michael Siems begleitet uns im Radioreise-Rundgang durch die Geschichte dieser Haftanstalt.
Nachdem die Nazis in diesem Komplex ihre Gegner einsperrten, tat es nach dem Zweiten Weltkrieg die sowjetische Geheimpolizei NKWD und später die Staatssicherheit.
Der Rundgang durch die einstige Haftanstalt löst Gänsehaut aus.
Wir sehen Haftzellen und Isolationszellen.
Nicht selten wurden in solchen Verhörräumen Geständnisse erzwungen.
Das „Große Holländische Haus“ in der Lindenstraße wurde zu DDR-Zeiten von den Menschen leise als „Lindenhotel“ bezeichnet. Es war ein Hotel, in das niemand einquartiert werden wollte. Mehr als 6.000 Inhaftierte wurden unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert und verhört.
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Menschen, die während der NS-Diktatur, der sowjetischen Besatzungszeit und der SED-Diktatur aus politischen Gründen inhaftiert und verurteilt wurden. Es geht aber auch um die Menschen, die zur politischen Wende 1989/90 dazu beitrugen, die SED-Diktatur zu überwinden.
Als offener Lernort der Geschichte lädt die Gedenkstätte zum Besuch ein: individuell oder im Rahmen von Führungen, Zeitzeugengesprächen, Projekttagen und öffentlichen Veranstaltungen, erklärt Bildungsreferent Michael Siems.
Im einstigen Gerichts- und Gefängniskomplex führt eine multimediale Dauerausstellung durch die verschiedenen zeitlichen Epochen.
Im Mittelpunkt stehen die Menschen, die während der NS-Diktatur, der sowjetischen Besatzungszeit und der SED-Diktatur aus politischen Gründen inhaftiert und verurteilt wurden. Es geht aber auch um die Menschen, die zur politischen Wende 1989/90 dazu beitrugen, die SED-Diktatur zu überwinden.
Als offener Lernort der Geschichte lädt die Gedenkstätte zum Besuch ein: individuell oder im Rahmen von Führungen, Zeitzeugengesprächen, Projekttagen und öffentlichen Veranstaltungen, erklärt Bildungsreferent Michael Siems.
Als die Mauer fiel, war man in Ost und West glücklich, diesen Beton nicht mehr zu sehen. Mauer, Stacheldraht und Wachtürme verschwanden. Ein paar wenige Relikte sind als Erinnerung geblieben – auch in Potsdam. Auf dem Radioreise-Rundgang sehen wir uns den Grenzturm Bertinistraße an.
Dort, wo diese Führungsstelle die Teilung überwachte, saßen an diesem Mittag zwei junge Angler seelenruhig. Fische waren zu Zeiten der Teilung eine der wenige Lebewesen, die ungehindert von Ost nach West konnten.
Die friedliche Revolution in der DDR wird oft mit markanten Orten wie Leipzig verbunden. Doch Proteste gab es in nahezu allen größeren Städten des Landes. In Potsdam war der Luisenplatz zentraler Treffpunkt der Menschen.
Geblieben sind die Bilder von damals und zwischen den Pflastersteinen diese Markierung im Boden.
Nach unserem langen akustischen Weg von der Teilung zur Einheit Deutschlands besuchen wir in der Schluss-Etappe der Radioreise einen Ort, der Vergangenheit und Gegenwart vereint. Wir sind zu Gast im "DAS MINSK Kunsthaus in Potsdam". Es liegt nur ein paar Gehminuten vom Potsdamer Hauptbahnhof entfernt und ist von dort aus wegen der auffälligen Architektur gut sichtbar. Aus einem ehemaligen DDR-Terrassenrestaurant entstand ein Museum. Es ist ein Ort voller Erinnerungen und Identität für viele Potsdamer, erzählt uns Potsdam-Guide Ingrid Bathe. Im Radioreise-Gespräch erklärt sie, wie der Name Minks nach Potsdam kam. Sie spricht über die einstige Partnerschaft zwischen der Bezirkshauptstadt Potsdam und der Hauptstadt der Belarussischen Sowjetrepublik. Ingrid Bathe hatte als Architektin am Bau eines Restaurants namens "Potsdam" in Minsk mitgewirkt. Heute ist sie froh, dass die Hasso Plattner Stiftung in diesen Räumen DDR-Kunst präsentiert.
Das Kapitel vom Zweiten Weltkrieg bis zur Wiedervereinigung Deutschlands schließen wir an dieser Stelle und öffnen gleichzeitig neue Kapitel. Die Sendung aus der Filmstadt Potsdam beleuchtet insbesondere die 1920iger und 1930iger Jahre und schlägt den Bogen von der Traumfabrik Babelsberg in die Moderne.
https://www.radioreise.de/2022/11/filmstadt-potsdam-traumfabrik-babelsberg.html
Unsere Europareise Potsdam geht noch viel weiter zurück in der Zeit und bringt uns vom russischen über das holländische bis ins französische Viertel von Potsdam.
https://www.radioreise.de/2022/06/europareise-durch-potsdam-von-holland-italien-frankreich-russland.html
Als Basis dafür eignet sich unser Stadtrundgang durch Potsdam, bei dem wir das Pop-Duo Cora treffen.
https://www.radioreise.de/2016/11/potsdam-schlosser-parks-und.html
Ausflüge aus der Landeshauptstadt ins schöne Brandenburg bieten wir auf verschiedenen Wegen - zum Beispiel auf der Brandenburgischen Seenplatte.
https://www.radioreise.de/2023/10/brandenburgische-seenplatte-auf-dem.html
Passend dazu empfehlen wir die Radioreise aus dem Wasserreich Brandenburg.
https://www.radioreise.de/2021/10/wasserreich-brandenburgs-auf-dem-66-seen-wanderweg.html
Außerdem hätten wir eine Reise entlang der Oder im Angebot.
https://www.radioreise.de/2022/06/entlang-der-oder-lebenskunst-im-kulturland-brandenburg.html
Auf ein Wiedersehen in Potsdam!