SPREE ELBE - DIE GOLDENEN ZWANZIGER IN BERLIN UND SACHSEN
In dieser Radioreise nimmt Sie Alexander Tauscher mit auf eine Tour von der Spree zur Elbe im Zeichen der 1920iger Jahre. Die längste Zeit sind wir in Berlin unterwegs und begleiten den Schellack-DJ Stephan Wuthe. Freuen Sie sich auf einen exclusiven Swing-Walk auf den Spuren der einstigen Vergnügungstempel der Stadt. Im Zwanziger Outfit und mit dem Klang des Grammophons geht es zu den Orten in Berlin, an denen vor 100 Jahren der Bär steppte. Stephan Wuthe ist ein lebendes Musik-Lexikon jener Zeit. Seine Geschichten über die Stars jener wilden Swingjahre sind einfach mitreißend. Von den Goldenen Zwanzigern an der Spree geht es in die Zwanziger in Sachsen. In dieser Zeit hatte die sächsische Mundartdichterin Lene Voigt ihre Hochzeit. Der Schauspieler Tom Pauls widmet dieser Dame nicht nur ein Buch, sondern entwickelt seit Jahren die legendäre Figur der Ilse Bähnert weiter. Wir treffen ihn in seinem Tom Pauls-Theater in Pirna an der Elbe. Dort liest Tom Pauls regelmäßig Gedichte von Lene Voigt und gab an diesem Abend den Osterspaziergang auf Sächsisch. Viel Spaß auf diesr besonderen musikalisch-kulturellen Radioreise von der Spree zur Elbe.
Willkommen in Spree-Athen! Uns begleitet Stephan Wuthe, den wir bereits in unserer Sendung „Babylon-Berlin“ kennengelernt hatten und der uns nun weiteren Geschichten aus dem dicken B präsentiert.
Stephan Wuthe wurde 1966 geboren, also weit nach der Zeit, über die er spricht. Er hat seine Leidenschaft für die Musik und das Lebensgefühl des frühen Swing zu seinem Beruf gemacht. Stephan ist Autor, arbeitet als Musikjournalist gelegentlich auch für Deutschlandfunk Kultur. Er berät neue Swing-Orchester und legt selbst seine heißen als DJ bei Swing-Abenden auf. Auch per Internet in andere Städte...
Stephan besitzte eine große Sammlung an Fotos, Platten und Original-Dokumenten der frühen Swing- und Schlagerjahre in Deutschland. Er traf selbst viele Künstler jener Zeit später und kennt deren abenteuerlichste Geschichten über die damalige Zeit. Im Radioreise-Rundgang hören wir zum Start eine Aufnahme mit Fred Kinglee und die King-Kols. Dieses deutsche Swing-Trio wurde seinerezit mit Songs wie dem "Kippen-Boogie" bekannt.
Stephan Wuthe gilt als Berliner Koryphäe in Sachen Swing: Er schreibt Fachtexte und hat schon einige Swing-Serien auf CD rausgebracht. Immer wieder organisiert er Ausstellungen in verschiedenen Städten. Stephan Wuthe hält Lesungen zur Geschichte des Jazz-Tanzes. Am originellsten sind sicher seine „Stadtrundgänge mit Hot-Koffer“ zu Orten der Berliner Kultur der 20er bis 40er Jahre. In den Koffer packt Stephan sein altes Grammophon hat die passenden Platten zu den angesagten Orten in Berlin.
Stephan Wuthe sagt, dass es drei verschiedene Typen von Plattensammlern gibt. Die einen wollen die Platten retten. Sie sammeln einfach alles und rücken nichts mehr raus. Der zweiten Gruppe gehe es darum, dass die Platten selten und teuer sind. Stephan zählt sich zur dritten Gruppe: Leute, denen eine Platte schlicht gefällt und die gern Hintergründe wissen wollen. Er will wissen, war bei einer Aufnahme dabei war, wer in dem Orchester zum Beispiel das Saxophonsolo spielte.
Schon als zwölfjähriger hatte Stephan Wuthe rund ein Dutzend Schellackplatten gesammelt. Während seine Mitschüler sicher die Beatles oder die Rolling Stones anhimmelten, nahm Stephan Kontakt zu alten Ufa-Stars wie Camilla Horn und Leny Marenbach auf. Der kleine Stephan schickte den großen Damen Zeichnungen, die er von ihnen gemacht hatte und bat um ein Autogramm. Bei der einen oder anderen Dame konnte er schließlich sogar persönlich vorbeischauen. Zum Schmunzeln sind auch Stephans Erzählungen von der Begegnung seiner Oma mit Josephine Baker.
Im Radioreise-Rundgang erzählt uns Stephan zum Beispiel von seinen Begegnungen mit Evelyn Künneke. Außerdem rollen wir die spannende Geschichte der Ciro-Bar auf. Der Schriftzug der Ciro-Bar war in den 1980igern nachgebildet worden und gleicht exakt dem Original von 1932, als der ägyptische Gigolo Mustafa hier ein Restaurant mit Bar eröffnete. Die Glas-Tanzfläche war beleuchtet und eine eigene Swing-Combo sorgte für heißen Sound. Denn viele Swing-Stars von damals hatten hier im Kiez rund um die Marburger und Augsburger Straße gewohnt.
Oft erscheint Stephan bei seinen Stadtführungen mit Hosenträgern, Tweed-Knickerbockern und Schlägermütze. Das wirkt auf den ersten Blick wie aus wie aus der Zeit gefallen. Doch genau das macht seine Tour aus – aus der Zeit fallen zurück ins Berlin vor rund 100 Jahren. Im „Swing Walk“ rund um den Ku’damm und Tauentzien lässt er die wilden Zwischenkriegsjahre in Berlin wieder aufleben. Eine Station ist zum Beispiel die einstige Musikalienhandlung Alberti. Wer in den 20iger und 30iger Jahren heiße Fox und Jazz-Platten suchte, der wurde hier fündig.
Die Serie „Babylon Berlin“ wurde wohl auch deshalb zum Publikumsliebling, weil ihr Erfolg auf der Vermarktung Berlins als heutige Partymetropole beruht. Denn in Berlin leben die 20-iger Jahre des 20. Jahrhunderts auch im 21. Jahrhundert. In der U-Bahn kann es gut passieren, dass eine Gruppe mit Schiebermütze, Fransenkleid und Zigarrenspitze unterwegs ist, um einen Geburtstag zu feiern. Außerdem läuft regelmäßig die „Boheme Souvage“ – die größte Zwanzigerjahre-Party weltweit – als Hommage an das Nachtleben im wilden Berlin der goldenen Zwanziger.
Von den Zwanzigern in Berlin wechseln wir in der Schlussetappe der Radioreise zu den Zwanzigern in Sachsen. In der Zeit feierte in Sachsen die Mundart-Dichterin Lene Voigt ihre Hochzeit, bevor sie von den Nazis mundtot gemacht wurde. Auch zu DDR-Zeiten konnte sie sich als Künstlerin nicht entfalten. Doch noch heute werden ihre Gedichte gelesen oder gesungen – mit vollem Herzen vom Schauspieler Tom Pauls. Er gehört dem legendären Dresdner Zwinger-Trio an, entwickelte die Figur der rüstigen Rentnerin Ilse Bähnert und gründete die nach ihr benannte Stiftung.
"Meine Lene" nannte Tom Pauls sein Buch als Liebeserklärung an die Dichterin. Aus ihren Dichtungen stammt auch die legendäre Figur des Künstlers, die "Ilse Behnert". Wir trafen Tom Pauls zum Radioreise-Interview für einen kurzen Augenblick nach seinem Bühnenprogramm in seinem Tom Pauls-Theater in Pirna an der Elbe.
Das Theater befindet sich in einem über 500 Jahre alten Baudenkmal im Herzen von Pirna. Das Haus ist dem Baumeister Peter Ulrich gewidmet. In einer sehr aufwendigen und liebevollen Sanierung versprüht es seit dem Jahr 2011 "Theater-Leben". Das Haus ist zugleich die Erfüllung seines Lebenstraums. Die Kaffee-Stube ist für Ilse Bähnert-Fans natürlich ein Kultort...
Ein weiteres Radioreise-Gespräch mit Tom Pauls gibt’s in unserer Pirna-Sendung.
PIRNA - die Canaletto-Stadt am Tor zur Sächsischen Schweiz
Weitere Musik-Geschichten aus den Goldenen Zwanzigern erzählt Stefan Wuthe in unserer Radioreise „Babylon-Berlin“.
BABYLON BERLIN - EINE ZEITREISE IN DIE GOLDENEN ZWANZIGER AN DER SPREE
Auf ein Wiedersehen an Spree und Elbe!